Abwasseruntersuchung zum Konsumverhalten
Eine Abwasseruntersuchung des Landes Vorarlberg bestätigt den internationalen Trend hinsichtlich des Konsumverhaltens für illegale Substanzen. Die Stiftung Maria Ebene, das Kompetenzzentrum in Vorarlberg für alle Suchtfragen, begrüßt die Durchführung einer so umfassenden Untersuchung und hofft auf eine Fortführung. Die Entwicklungen – insbesondere die Auswirkungen der Coronakrise – könnten so besser dokumentiert werden und ein Reagieren in der Suchtarbeit wäre damit schneller möglich.
Fachleute des Instituts für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck analysierten im Auftrag des Landes Vorarlberg das Abwasser von 17 Vorarlberger Kläranlagen. An die beteiligten Anlagen sind 78 Gemeinden mit zusammen knapp 380.000 Einwohnerinnen und Einwohnern angeschlossen. Das entspricht 96 Prozent der Vorarlberger Bevölkerung. Aus den im Februar 2020 – noch vor dem ersten Lockdown – gezogenen Proben konnten Informationen über den Konsum legaler und illegaler Drogen gewonnen werden. „Die Ergebnisse entsprechen unseren Beobachtungen in der täglichen Arbeit und decken sich mit den internationalen Trends“, so Dr. Philipp Kloimstein, Primar und ärztlicher Leiter der Stiftung Maria Ebene. Er ergänzt: „Für uns ist diese Untersuchung sehr wertvoll, weil Proben über den Zeitraum von einer ganzen Woche untersucht wurden. Die Ergebnisse zeigen somit auch, dass Tourismus in Vorarlberg in dieser Hinsicht keine wesentliche Rolle zu spielen scheint. Der Suchtmittelkonsum stellt damit klar ein Vorarlberger Problem dar und ist kein temporäres oder importiertes Phänomen.“
Cannabis führend, Kokain auf dem Vormarsch
Bei den illegalen Substanzen ist Cannabis führend. Dieser Trend setzt sich wie auch in den letzten Jahren weiter fort. Unter den stimulierenden illegalen Substanzen ergab sich eine Dominanz von Kokain – für die Stiftung Maria Ebene keine Überraschung: Seit einigen Jahren zeigen sich stetige Zuwachsraten von Kokain bei Konsumentinnen und Konsumenten, die auch vermehrt in die Suchthilfeeinrichtungen zur Behandlung kommen, gefolgt von Amphetaminen und MDMA (Ecstasy). Methamphetamin spielt – mit einzelnen geografischen Ausreißern – keine wesentliche Rolle in Vorarlberg, was auch von Seite der Suchthilfeeinrichtungen nachvollzogen werden kann. Hinsichtlich Heroin zeigt sich weiterhin der rückläufige Trend vor allem bei Einsteigern. Hier wird die Zukunft und insbesondere die Folgen der Pandemie zeigen, ob es bei diesem Trend bleiben wird. So kam es beispielsweise als Folge der Finanzkrise 2008 in Griechenland zu einer Zunahme des Heroin-Konsums um 20 Prozent in den Folgejahren.
Auswirkungen der Krise bereits spürbar
Die Beratungsstelle Clean mit ihren drei Standorten in Bregenz, Feldkirch und Bludenz verzeichnete bereits zu Beginn der aktuellen Corona-Pandemie eine Zunahme bei den Substitutionsbehandlungen um rund 10 Prozent, die seither konstant weitergeführt werden. Die Suchtbehandlungsangebote in Vorarlberg sind allerdings grundsätzlich gut aufgestellt und konnten die aktuellen Entwicklungen gut bewältigen. Eine genaue Analyse ist für die weiteren Jahre dennoch wichtig, zumal bereits im ersten Quartal 2021 eine Zunahme der Behandlungen an den drei Beratungsstandorten, sowohl für langfristige Behandlungen (ein Plus von rund 22 Prozent), als auch bei Kurzkontakten (ein Plus von rund 53 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr festzustellen ist. „Ein weiteres, regelmäßiges Monitoring des Abwassers ist aus diesem Blickwinkel also wünschenswert“, so Kloimstein.
Legale Substanzen weit verbreitet
Die Abwasseranalyse hat auch untersucht, wie es mit den legal erhältlichen Substanzen in Vorarlberg aussieht: Alkohol und Nikotin sind in der Bevölkerung weiterhin weit verbreitet. Interessanterweise wird Alkohol übrigens als einziges der untersuchten Suchtmittel im ländlichen Bereich pro Kopf gerechnet mehr konsumiert, als im urbanen Raum. Generell wurde Alkohol – ebenso wie Kokain oder Amphetamine bzw. MDMA – am Wochenende vermehrt konsumiert, was einen partymäßigen Konsum nahelegt. „Dabei muss allerdings beachtet werden, dass an den Wochentagen der Konsum nicht auf 0 abfällt, sondern sich bei etwa der Hälfte einpendelt. Ein Teil der Bevölkerung konsumiert diese Substanzen also auch während der Woche“, erläutert Kloimstein
Der gesamte Bericht „Abwasserbasiertes Drogenmonitoring Vorarlberg 2020“ kann unter www.vorarlberg.at/sucht heruntergeladen werden.